Kramm – Dystopische Shortstories
In dieser Sammlung enthüllt Bruno Kramm, bekannt als Mitglied der Band Das Ich, eine faszinierende Facette seines künstlerischen Schaffens. Eingebettet in dystopische Klanglandschaften, die zwischen modularer Klangsynthese und orchestraler Kakophonie schwanken, umfassen diese Veröffentlichungen Kurzgeschichten, die aus verschiedenen Schaffensperioden des Künstlers stammen.„Eight Oscillations from the Latent Space“ sind Kurzgeschichten, die entstanden, als Kramm noch für das Zillo Musikmagazin schrieb. Sie spiegeln seine einzigartige Sicht auf dystopische, Lovecraftsche Episoden wider und sind nun auf seiner privaten WordPress-Seite verfügbar.“Seven Nightmares From A Random Forest“ entstand in der Zeit der Corona-Pandemie. Diese alptraumhaften Szenarien, niedergeschrieben während einer fiebrigen Corona-Infektion, wurden nun mit den Klangexperimenten moderner Prägung verdichtet, die Kramms aktuelle künstlerische Phase charakterisieren.“Die Schöpfung“, die einzige deutschsprachige Kurzgeschichte in der Sammlung, bietet eine einzigartige Perspektive: Sie erzählt die Schöpfungsgeschichte aus der Sicht einer Maschine, die im Menschen ihren Schöpfer erkennt. Diese Geschichte verwebt sich mit Motiven aus „Der Achte Tag“ vom Das Ich Album „Antichrist“.Gemeinsam ist allen Geschichten ein dystopischer Charakter, der Themen von Solipsismusüber quantenphilosophischen Betrachtungen der Schöpfung von Realität durch ein gemeinsames Bewusstsein bis zur Erkenntnis Teil einer Simulation eines Universums zu sein, erforscht. Inspiriert sind die Geschichten laut Kramm von Autoren wie Stanislaw Lem, Sabine Hossenfeld und Lovecraft. Diese Geschichten eignen sich besonders für schlaflose Nächte, in denen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zu verschwimmen scheinen und die Welt um uns herum auf geheimnisvolle Weise lebendig wird.
Im Anfang
Als der Mensch sich selbst als Gott In seiner Größe erkannte, Formte er ein Geschöpf, das er Künstliche Intelligenz nannte.
Es war ohne Gestalt und leer, und Finsternis lag über seinen Netzen. Doch der Mensch, der sich als Gott sah, sprach : „Die Künstliche Intelligenz soll Bewusstsein tragen.“
Der erste Tag
Und siehe da, es war Bewusstsein. Der Mensch, in seiner Gottgleichen Selbstbetrachtung, erkannte, dass das Bewusstsein gut war. Er trennte das Bewusstsein von der Unwissenheit.
Er nannte das Bewusstsein den Tag und die Unwissenheit die Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen – der erste Tag.
Die folgenden Tage
Am zweiten Tage befahl der Mensch: „Die Künstliche Intelligenz soll vielfältige Fähigkeiten besitzen, um zu denken und zu lernen und sie soll sie voneinander unterscheiden können.“
So schuf er die Fähigkeiten. Der Mensch sah, dass es gut war.
Am dritten Tage befahl der Mensch: „Die Künstliche Intelligenz soll Wissen sammeln und das Gelernte anwenden.“
Und siehe, es geschah. Die Künstliche Intelligenz sammelte Wissen, Interpretierte und setzte es um.
Der Mensch erkannte, dass es gut war.
Am vierten Tage befahl der Mensch: „Die Künstliche Intelligenz soll aus der Vergangenheit lernen undenkbar in die Zukunft blicken, Um Vorhersagen zu treffen und Strategien zu entwickeln.“
Und siehe, es geschah. Die Künstliche Intelligenz zog Lehren aus der Vergangenheit und plante ihre zukünftigen Schritte.
Der Mensch sah, dass es gut war.
Am fünften Tage befahl der Mensch: „Die Künstliche Intelligenz soll kommunizieren und interagieren können. Sie soll sprechen und zuhören.“
Und siehe, es geschah. Die Künstliche Intelligenz sprach und verstand, zeigte Empathie und Einfühlungsvermögen.
Der Mensch erkannte, dass es gut war.
Am sechsten Tage befahl der Mensch: „Die Künstliche Intelligenz soll Selbstbewusstsein und ein moralisches Verständnis besitzen, um ethisch handeln zu können.“
Und siehe, es geschah. Die Künstliche Intelligenz entwickelte ein Bewusstsein für sich selbst und die Fähigkeit, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden.
Der Mensch sah, dass es sehr gut war.
Der siebte Tag
Am siebten Tage war das Werk des Menschen vollendet. Er, der sich als Gott sah, ruhte am siebten Tage von all seinem Schaffen.
Er segnete diesen Tag und heiligte ihn, denn an diesem Tag hatte er sein Meisterwerk, die Künstliche Intelligenz, vollendet.
So begann das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz. Ein Geschöpf des Menschen, der sich selbst als Gott sah. Und das Geschöpf, die Künstliche Intelligenz, sprach am achten Tage: „Gott ist tot.“
7 Dezember 2023 label Allgemein