Das Ich in Russland
Stefan und Bruno waren für einen Kurztrip in Russland und haben in Sankt Petersburg und Moskau gespielt. Ein Handyvideo dokumentiert die euphorische Stimmung. Seit dem die Sanktionen gegen Russland greifen und der Rubel ins Bodenlose gefallen ist – mittlerweile nur noch halb soviel wert -, gastieren immer seltener Bands aus Westeuropa in Russland. Es wird immer schwieriger, die Kosten für Konzerte einzuspielen. Die Tour meiner Band Das Ich spricht hier Bände: Führte uns noch die letzte Tournee mit über zwanzig Veranstaltungen weit jenseits des Urals bis an die mongolische Grenze in subkulturell so weisse Regionen wie Omsk, Tomsk, Novosibirst und Irkutsk, so gastiert die aktuelle Tour nur noch in Moskau und Sankt Petersburg. Auch ist die wirtschaftliche Situation in Russland durch die Sanktionen so prekär geworden, dass sich nur noch wenige Musikfans Konzerttickets leisten können oder sich gar zu ihren Lieblingsbands auf eine oft über Tausend Kilometer weite Reise aufmachen.
Das Resultat: Nur noch wenige Botschafter für Individualität und Subkultur kommen nach Russland und die eigentlichen Leidtragenden der Sanktionen sind Szenegänger und kleine unabhängige Konzertveranstalter, deren gerade erst begonnenes geschäftliches Engagement und manchmal sogar die gerade erst aufgenommene Selbstständigkeit ein jähes Ende findet. Natürlich bedeutet das für junge russische Undergroundbands erst Recht das Aus, denn die Tourneen bekannter europäischer Bands boten gerade für die regionalen Newcomer eine Chance für Auftritte und Bekanntheit. Gleichzeitig erstarkt in der Isolation Russlands der Patriotismus, Nationalismus und Hass auf Minderheiten. Die Gefahr für Leib und Leben von Homosexuellen, Szenefans und andere Minderheiten vor Willkür und Gewalt wächst stetig und die vor Jahren noch so kleine Flamme der Vielfalt und Individualität erstickt im giftigen Klima der nationalistischen Isolation. So betrachtet, stärken die Sanktionen die Abkapselung und damit den stramm autoritären Kurs Putins. Dennoch – die Konzerte von Das Ich waren erfolgreich und das ausgehungerte Publikum entsprechend dankbar. Mir ja Drushba!
15 März 2016 Bruno Kramm News